Texten wie ein Profi
Hätten wir bei den Chemieverbänden die gleiche Meinung, würde es das Seminar wohl nicht geben. Denn im geschäftlichen Kontakt kommt keiner ohne Text aus. Ein Beispiel: Die Zahl der E-Mails steigt kontinuierlich an. Allein 2018 wurden in Deutschland rund 848 Milliarden E-Mails versendet. Im Jahr 2000 waren es noch 32 Milliarden. An diesen Zahlen zeigt sich zudem eine Herausforderung für professionelles Texten: Schnell auf den Punkt kommen, um in einer Flut an Informationen die Leser zu erreichen.
Schreiben ist ein Handwerk – das Sie lernen können
Schreiben ist Teil unseres Alltages bei Dokumentationen, Stellenanzeigen, Produktinformationen, Protokollen und den bereits angesprochenen E-Mails. Und so vielfältig der Einsatz der Schrift ist, so bunt gemischt sind auch die Teilnehmer: Dort treffen Experten aus Marketing, Produktmanagement und Lebensmitteltechnik zusammen.
Viele Menschen haben das Gefühl, dass sie besser sprechen können als schreiben. Sie suchen nach der wirksamen Formel, um gezielt ihre Gedanken mitteilen zu können. Und genau da setzt das Seminar an, indem es aus der „Sprachkompetenz“ heraus eine „Schreibkompetenz“ entwickelt. Es baut Brücken. Der Brückenbauer ist Ralf Jüngermann, langjähriger Redaktionsleiter bei einer Zeitung und nun selbstständiger Berater für Kommunikation. Er vermittelt an zwei Tagen allerdings keine Musterlösungen, die überall funktionieren. Er ist davon überzeugt, dass richtiges Schreiben auch mit der eigenen Persönlichkeit und dem Leseverhalten zu tun haben.
Wie wir schreiben, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Auch davon, wie Texte gelesen werden. In den letzten Jahren hat sich hier viel getan. Nutzten 2008 noch drei Millionen Menschen das mobile Internet, so sind es 2020 bereits 12 Millionen. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Printmedien. Unsere menschliche Aufmerksamkeit ist chronisch überlastet, so die Überzeugung des Psychologen Daniel Levitin, denn die tägliche Informationsmenge ist fünfmal so groß wie vor 20 Jahren.

Die Fähigkeit des Multitaskings ist hierbei unser Irrglaube.Da der Mensch sich immer nur auf eine Sache fokussieren kann, haben wir aufgrund der Flut an Informationen gelernt zu „zappen“.Um die Menschen in dem kurzen Zeitfenster der Aufmerksamkeit zu erreichen, muss das Wesentliche in wenige Zeichen gepresst werden. Professionelles Texten bedeutet also, schnell auf den Punkt zu kommen und einfach zu schreiben.
Dazu gehört, dass Texte nicht mehr gelesen werden, sondern „überflogen“. Das Auge springt bei einfachen Texten bis zu acht Buchstaben weit und unser Gehirn erschließt sich dabei den Text. Das funktioniert sogar mit Zahlen: „D1353 M17731LUNG D13N7 4L5 B3W315 D4FU3R, W45 FU3R 3R574UNL1CH3 D1NG3 UN53R V3R5T4ND L315T3N K4NN*.“ Das Fazit: Einfache Texte werden schnell erfasst und gern gelesen. Komplexe Texte sind anstrengend und werden ignoriert.
(*Übersetzung der Zahlenschrift: Diese Mitteilung dient als Beweis dafür, was für erstaunliche Dinge unser Verstand leisten kann.)
„Texten wie ein Profi bedeutet:
70 Prozent Planung und 30 Prozent Schreiben.“

Weniger Text – mehr Kopfkino
Die Herausforderung ist also möglichst einfach zu schreiben. „Kopfkino“ ist das Zauberwort. Auch der Text, den Sie gerade lesen, soll bei Ihnen Kopfkino erzeugen. Und ich freue mich über jede Rückmeldung, ob ich es geschafft habe.
Der Experten-Tipp für mehr Kopfkino kommt von Ralf Jüngermann: „Gehen
Sie analytisch vor und denken Sie an Ihre Zielgruppe.“ Oder bildhafter ausgedrückt: „Stellen Sie sich in die Schuhe des anderen.“

Checkliste für lesbare Texte
- Eine Kernaussage pro Text
- Schreiben Sie lebendig und konkret
- Personalisieren macht Texte griffiger
- Schreiben Sie positiv
- Vermeiden Sie Adjektive
- Vermeiden Sie Floskeln
- Lösen Sie Satzklammern auf
- Vermeiden Sie Fach- und Fremdwörter
- Verwenden Sie Verben statt Substantive
Zwischen dem Schreiben des Textes und der anschließenden Korrektur sollte laut Jüngermann eine kurze Pause liegen: „Holen Sie sich einen Tee
oder Kaffee, gehen Sie kurz an die frische Luft und machen Sie die Gedanken frei. Und dann streichen Sie einfach alles Überflüssige raus“.
Kleine Übung: Abstrakter Stil – konkret übersetzt
Motivationsstrukturen sind „Gründe“ und Rotwildbestände sind „Hirsche“.
Abstrakten Begriffen können auch Sie durch andere Formulierungen mehr Leben einhauchen.
Probieren Sie es aus, es geht ganz einfach:
Eine Buchung vornehmen: ..........................................................
Unter Beweis stellen: .....................................................................
Einer Lösung zuführen: ...............................................................
„Sie brauchen für Ihren Text einen Bauplan –
analog zum Vorgehen beim Kochen.“
Kreatives für Techniker oder Kreativtechniken
Manchmal liegt ein Text vor, der nur noch angepasst werden muss. Manchmal liegt da auch nur ein leeres Blatt Papier. Und davor sitzen Menschen, die darauf schreiben wollen, aber unter einer Blockade leiden.
Was will ich mitteilen? Wie kann ich die Bilder in meinem Kopf so formulieren, dass es die anderen auch verstehen, wenn sie den Text lesen? Der Klassiker ist, dass über den Text gegrübelt wird. Dann wird er geschrieben, umgeschrieben und umgestellt. Überschriften werden verändert und dann geht es von vorne los. Bis der Text dann steht, vergeht viel Zeit.

Kreativtechniken können den nötigen Impuls geben und Zeit sparen. Der Klassiker ist die Brainstorming-Methode. Dazu benötigen Sie nur ein Blatt Papier und einen Stift. Ausgehend von einem Thema oder einem Begriff schreiben Sie innerhalb einer gesetzten Zeit alles auf, was Ihnen dazu einfällt. Danach sortieren Sie die Begriffe und löschen jene, die Ihnen nicht passend erscheinen.
Und wenn Ihnen diese Technik nicht hilft, dann vielleicht das Clustern? Wenn Sie wissen wollen, wie das funktioniert, dann melden Sie sich einfach zum nächsten Seminar per E-Mail an: seminare@chemie-rp.de.