Wir sind die Verlierer der Globalisierung und kapieren es nicht

Globalisierung meint die grenzüberschreitende Ausdehnung von Handels-, Finanz- und Investitionsströmen. Was so abstrakt daherkommt, hat reale Wirkungen. Eine gewünschte Wirkung ist der dadurch zwischen den Staaten entfachte Wettbewerb.

Harald Klimenta

Innerhalb der Staaten wurden vielerlei Systeme erdacht, um den unerwünschten Wirkungen des Wettbewerbs gewisse Schranken zu setzen. Das reicht von Anti-Trustgesetzen zur Verhinderung von ökonomischer (und theoretisch auch politischer) Macht bis hin zu Flächentarifverträgen, die die Unternehmen dazu zwingen, um bessere Produkte und höhere Produktivität zu konkurrieren, und nicht über „effizient“ gedrückte Löhne attraktiver als die Mitbewerber zu werden. Je weiter die ökonomische Globalisierung fortschreitet, desto wirkungsloser werden diese Instrumente, wenn sie nicht durch internationale Verträge auf die globale Ebene gehoben werden. Davon kann jedoch nicht die Rede sein, selbst aktuelle Freihandelsverträge wie TTIP oder CETA haben die Aufgabe, Märkte weiter zu harmonisieren und den Investorenschutz auszudehnen. Die Verträge mögen zwar Lohndumping anprangern; da daraus aber keine Strafzahlungen resultieren können, bleiben diese Inhalte reine Kosmetik – ganz im Gegensatz zu den Regeln beim Investorenschutz.

Die Folgen

Das Lohnniveau gerät noch mehr unter Druck, ebenso wie Arbeitsstandards, Arbeitnehmerrechte und soziale Sicherungssysteme. Schließlich verursacht dies alles Kosten, die im Standortwettbewerb die betriebliche Wettbewerbssituation verschlechtern. In dieser Situation können einzelne Länder durch geschickte Lohn- u. Sozialpolitik natürlich zum Sieger werden, womit aber immer auch Verlierer geschaffen werden. Weil niemand gern Verlierer ist, wird in diesen Ländern hernach versucht, die Lohnstückkosten zu senken. Gelingt deren Strategie, und sie gehören zu den Siegern, werden wieder andere Länder zu Verlierern im Wettbewerb und ihrerseits zu den immergleichen Reformen getrieben: Flexibilisierung von Arbeitsmärkten, Arbeitsverdichtung, Lohnverzicht, Sozialabbau. Wenn einzelne Länder – wie etwa Deutschland – über gewisse Zeiträume Nutznießer dieser Entwicklungen sind, können andere Länder sogar längerfristig Verlierer sein. Ganz sicher ist jedoch: Alle können nicht gewinnen.

So erzwingt die Globalisierung von allen Ländern die immerselbe Politik. Was dabei auf der Strecke bleibt: Demokratische Entscheidungsfreiheit, kulturelle Unterschiede, eine Verringerung der Ungleichheit. Und ganz offensichtlich fehlt der globalisierten Menschheit in diesem System die Fähigkeit dazu, die ökologischen Probleme auf der Erde ernsthaft anzugehen, denn alles Handeln ist darauf ausgerichtet, im Standortwettbewerb bestehen zu können.

Autor: Harald Klimenta