Chemie-Tarifvertrag - So berechnet sich das Entgelt

Basis-Wissen: Richtig eingruppieren, umgruppieren und Zulagen berechnen.

Was bekomme ich für meine Arbeit? Diese Frage wird im Bewerbungsverfahren häufig gestellt. Für die tariflich Beschäftigten in der Chemie und Pharma ist dies seit 1988 für Arbeiter und Angestellte einheitlich im Bundesentgelttarifvertrag (BETV) geregelt. Das schafft Lohngerechtigkeit innerhalb der chemischen Industrie, denn das Entgelt richtet sich nach der ausgeübten Tätigkeit.

Den Kern des BETV bilden die Bewertung und Zuordnung der Arbeitsplätze im Unternehmen in eine der insgesamt 13 Entgeltgruppen. Wie richtig eingruppiert wird und welche Möglichkeiten die Unternehmen haben, um individuelle Leistungen zusätzlich zu honorieren, erklären zwei Juristinnen für Arbeitsrecht im Arbeitgeberverband Chemie Rheinland-Pfalz.

Welche Entgeltgruppe?

Die tariflichen Bestimmungen regeln für alle Mitgliedsunternehmen eines Arbeitgeberverbandes in der chemischen Industrie die Mindestanforderungen an die Entgeltgruppe. Hier gibt es nur eine „richtige“ Eingruppierung. Entscheidend hierfür ist einzig die geplante beziehungsweise ausgeübte Tätigkeit, nicht die Qualifizierung, Erfahrung oder die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden.

Neben außertariflichen Leistungen können die Betriebe auch eigene betriebliche Entgeltregelungen schaffen. Betriebliche Regelungen zum BETV können die Bildung von Zwischengruppen und zusätzliche Richtbeispiele ebenso beinhalten, wie die Eingruppierung von Berufen, die im BETV nicht abgebildet sind. Möglich sind auch zusätzliche Erschwerniszulagen.

Tipp: In vielen Praxisfällen wird deutlich, dass eine gute Stellenbeschreibung der Schlüssel zur richtigen Eingruppierung ist.

Aufbau einer guten Stellenbeschreibung

"Wer gute Fachkräfte durch ein höheres Entgelt gewinnen will oder Leistungsträger belohnen möchte, kann dies über Zulagen erreichen, ohne das System des BETV ins Ungleichgewicht zu bringen."

Fabienne Wagenhäuser

Die richtige Entgeltgruppe

Darauf müssen Sie bei der Eingruppierung achten

  1. Fähigkeiten / Kenntnisse für die Tätigkeit
  2. Erforderliche Berufsausbildung
  3. tatsächliche Qualifikation beachten
  4. zusammenfassende Bewertung

Praxistipp bei regionalen Unterschieden: Trotz einheitlicher Entgeltgruppen im BETV gibt es wegen der Bezirksentgelttarifverträge regionale Unterschiede beim Entgelt. Unternehmen, die Fachkräfte abwerben und diese regionalen Unterschiede ausgleichen wollen, sollten nach der Tätigkeit eingruppieren und dann eine Übertarifliche Zahlung (ÜTZ) leisten.

Entgeltgruppen in der Chemie

Die Darstellung der Entgeltgruppen in Blöcke visualisiert die steigende Komplexität und Anforderungen an die Tätigkeit. Diese reichen von einfachen Anlerntätigkeiten über die Voraussetzung einer abgeschlossenen Berufsausbildung bis hin zu Spezialkenntnissen und Höherqualifizierungen, zum Beispiel einem Fachhochschulabschluss. Der BETV gibt mit seinen Tätigkeitsbeschreibungen nicht immer eine klare Antwort, da sich seit der Festlegung der Entgeltgruppen 1988 die Bildungs- und Berufelandschaft spürbar verändert hat. Daher wird empfohlen, Schritt für Schritt die Blöcke zu betrachten und einzeln abzugleichen. 

Tipp: Berufserfahrung kann die Ausbildung ersetzen. Als Faustformel gilt, dass eine vierjährige Berufserfahrung einer zweijährigen Ausbildung gleichzusetzen ist.

Das Überwiegenheitsprinzip

Nicht in allen Fällen ist die Eingruppierung eindeutig aus der Tätigkeitsbeschreibung abzuleiten. Wenn ein Arbeitsplatz eingruppiert werden soll, der unterschiedliche Tätigkeiten beinhaltet, dann gilt das Überwiegenheitsprinzip bzw. die Geprägetheorie. Hier ist entscheidend, welche Tätigkeit die Stelle maßgeblich prägt. Zum Beispiel bei einem Lagerarbeiter, der gelegentlich auch kleine Reparaturen an Gebäuden ausführt.

Die Umgruppierung

Haben sich Rahmenbedingungen verändert, wie dies bei einem betriebsbedingten Wegfall des Arbeitsplatzes und Umsetzung auf einen anderen Arbeitsplatz mit geringen Anforderungen der Fall ist, so kann eine Änderungskündigung ausgesprochen werden. Hier ist fallbezogen z.B. die Entgeltsicherung nach § 14 Manteltarifvertrag zu beachten.

Mitbestimmung

Der Arbeitgeber ist gesetzlich verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts und nach BETV die erfolgte Ein- bzw. Umgruppierungen innerhalb eines Monats nach Arbeitsbeginn schriftlich mitzuteilen.

Zur Wirksamkeit einer Ein- oder Umgruppierung ist der Betriebsrat in geeigneter Weise, in der Regel schriftlich, zu unterrichten. Der Betriebsrat kann zustimmen, die Frist verstreichen lassen oder die Zustimmung verweigern. In Falle einer Verweigerung muss die Ersetzung der Zustimmung beantragt werden.

Abgrenzung zu den außertariflich Beschäftigten

Der Bundesentgelttarifvertrag gilt nicht für außertariflich Beschäftigte (AT). Um eine klare Abgrenzung vornehmen zu können, sind folgende vier Punkte zu berücksichtigen:

  1. Das Aufgabengebiet stellt höhere Anforderungen als Gruppe E 13
  2. Das Entgelt und die allgemeinen Arbeitsbedingungen liegen über den tariflichen Regelungen (Wochenarbeitszeit, Zusatzleistungen …)
  3. Die Herausnahme aus dem Tarifvertrag ist im Arbeitsvertrag geregelt
  4. Der Betriebsrat muss über die Eingruppierung als AT unterrichtet werden

Hinweis: Bestimmte Mitarbeitergruppen unterliegen dem Akademikertarifvertrag. Hier gilt es Besonderheiten zu beachten.

Zulagen

Sind mehrere Tätigkeiten mit unterschiedlichem Entgeltgruppen-Niveau an einem Arbeitsplatz vereint, ist ein angemessener Ausgleich zu zahlen. Diese wird zusätzlich zum Tarifentgelt gezahlt. Zu beachten ist, dass sie nicht Bestandteil des Tarifentgeltes ist. Damit fließt die Höhe der  zusätzlichen Vergütung nicht in die Bemessungsgrundlage für tarifliche Zulagen und Zuschläge ein, die vom Tarifentgelt abhängen.

"Die Arbeitsbedingungen haben sich in den letzten Jahren gewandelt. Je nach veränderten Belastungen oder Entlastungen sollte die betriebliche Erschwerniszulagen-Regelung an das geänderte Arbeitsumfeld angepasst werden."

Dr. Annette Mroß