Karin Döring - Mit Begeisterung für die Berufsausbildung

Für die Auszubildenden der Mitgliedsunternehmen hat Karin Döring ein Training konzipiert, das Ihnen dabei hilft, einen guten Ausbildungsstart hinzubekommen: „Den Übergang meistern von der Schule in die Ausbildung“. Und für Ausbilder:innen bietet sie neben Trainings auch die Quartalsgespräche zu Sonderthemen an. Heute stellen wir unsere Ausbildungsexpertin und Trainerin näher vor.

Karin Döring kennt die betriebliche Ausbildung durch ihre lange Tätigkeit als Ausbildungsverantwortliche in der chemischen Industrie. Über 26 Jahre arbeitete sie in einem großen Chemiebetrieb in verschiedenen Personalabteilungen. Während der letzten 16 Jahre gestaltete sie die kaufmännische Ausbildung für mehrere hundert Auszubildende und dual Studierende. Das professionelle Ausbildungsmanagement ist seit 2014 ihr Spezialgebiet als freiberufliche Unternehmensberaterin, Trainerin und Coach.

Frau Döring, aus Ihrer Erfahrung: Was hat sich in den letzten 30 Jahren am meisten bei Auszubildenden geändert?

Mir fällt am meisten auf, dass die Schere zwischen denen, die sich mutig und bewusst in neue Situationen begeben und denen, die eher verhalten bis ängstlich auf Neues reagieren, größer wird. Das liegt an unterschiedlichen Faktoren: Elternhaus, Erziehung, Schule und nicht zuletzt an den Corona-bedingten Einflüssen. Hinzu kommt, dass Anforderungen aus Berufsbildern und Unternehmen ständig steigen, aber die mitgebrachten Voraussetzungen von Schulabgängern dies oft nicht bedienen. Daher muss mit Anpassungsmaßnahmen das Matching begleitet werden.

Und bei Ausbildern?

Haupt- und nebenberufliche Ausbilder:innen müssen sich immer mehr bewusst werden, dass sie nicht nur Fachausbilder sind, sondern maßgeblich an der Persönlichkeitsentwicklung ihrer Schützlinge beteiligt sind. Jugendliche und junge Erwachsene brauchen mehr als nur Einweisung und Anweisung. Um mit den Anforderungen der Arbeitswelt klarzukommen, bedarf es des Trainings vieler Fähigkeiten, die über das Fachliche hinaus gehen.

Vielen Ausbildern ist das klar und sie sind mit Herzblut dabei. Aber leider höre ich immer noch viel zu oft von Azubis, dass sie wochenlang immer das Gleiche machen, dass kaum einer Zeit hat sich zu kümmern und sie das Gefühl haben, nicht wirklich auf „das Leben danach“ vorbereitet zu werden.

Das passt auch zu den Aussagen einiger Ausbilder, die spüren, dass sie mehr Zeit einbringen müssten, diese aber nicht haben und dass sie oft nicht wissen, wie sie bestimmte Verhaltensweisen von Jugendlichen deuten sollen. Es besteht ein Bedarf an Weiterbildung, wie man in der täglichen Arbeit mit Azubis kommuniziert und zusammenarbeitet, damit sie sich sowohl ins Team integrieren als auch dabei lernen können.

 

Warum schlägt Ihr Herz eigentlich für die duale Berufsausbildung? Denn dass Sie mit Begeisterung Azubis und Ausbilder beraten merkt jeder, der mit Ihnen spricht.

Ja, es stimmt, meine Leidenschaft für das Thema Ausbildung und für alle daran beteiligten Personen ist ungebrochen. Wahrscheinlich liegt es daran: Ich habe sowohl bei mir selbst als auch bei Hunderten anderen Azubis erlebt, welchen Unterschied es macht, wie ich in das Berufsleben eingeführt werde.

Auch wenn es wie ein Blick zurück in die Steinzeit ist, so kann ich heute noch die Gefühle von damals nachempfinden: Nach einer gruseligen Abteilungsphase, in der ich nichts anderes außer knicken, lochen, heften musste und mir sehr klar gemacht wurde, dass ich das letzte Glied in der Kette war, wurde ich in eine Abteilung versetzt, in der ich nach ein paar Tagen eine Krankheitsvertretung übernehmen durfte. Ich wurde eingearbeitet, mir wurde sehr viel Selbstständigkeit zugetraut und ich durfte sehr viel Verantwortung übernehmen.

Dieses Wechselbad der Gefühle: Nach der einen Praxisphase hatte ich ernsthafte Abbruchgedanken, nach der anderen Praxisphase wollte ich unbedingt dort übernommen werden – erzeugte in mir den Wunsch, irgendwann mal an einer Stelle zu wirken, an der ich das positiv beeinflussen konnte.

Die magischen Worte lauten: Respekt und Passung. Respekt im Umgang mit Menschen und Passung in Bezug auf Anforderung und Eignung. Wenn die Passung nicht stimmt, muss ich daran arbeiten – und zwar individuell in jedem Einzelfall: Den Hochleistungsanwärter müssen wir zum Fliegen bringen und den bislang nicht Erfolgsverwöhnten Chancen bieten, dass er einen Hürdenlauf mit Bravour meistern kann.

Was macht für Sie eine gelungene Ausbildung aus?

Urteilskraft und Herzensbildung. Dieses Motto hat sich auf meiner Festplatte eingebrannt, da es kurz und knapp die Mission verdeutlicht: Im BBiG ist unter § 1 das Ziel der Ausbildung mit dem Begriff „berufliche Handlungsfähigkeit“ zusammengefasst. Ich umschreibe es so: Die Fähigkeit, auf der Grundlage von Fakten mögliche Lösungswege für ein Probleme zu finden und sich dann für den richtigen Weg zu entscheiden – und dabei sozialverträglich mit anderen zusammenzuarbeiten und sich anschließend Rechenschaft über Ergebnis und Verlauf zu geben.

Dafür müssen in der Ausbildung Lernchancen mit Entscheidungsgehalten angeboten werden und am Lernort Praxis müssen Azubis in die Geschäfts- und Arbeitsprozesse aktiv eingebunden werden. Das Wesen der Ausbildung ist das Lernen, aber der Gedanke der Verwertbarkeit des Gelernten und des eigenverantwortlichen Arbeitens sind wesentliche Gelingensfaktoren. Wenn Azubis diese Art beruflicher Sozialisation erleben, sind sie ideale Botschafter, um nach einer gewissen Zeit selbst nebenberufliche Ausbilder zu werden oder sogar zu hauptamtlichen Ausbildern entwickelt zu werden.

„Wo ein Begeisterter steht, ist der Gipfel der Welt." Joseph von Eichendorff

In Ihren Schulungen und Seminaren: Was ist Ihnen dabei wichtig zu vermitteln?

An alle gerichtet: Respektvoller Umgang. Und: Besprecht, was das konkret auf die aktuelle Situation bezogen bedeutet!

An die Azubis gerichtet: Fragt nach! Seit mutig! Traut Euch was zu! Steht zu Euren Fehlern! Formuliert Ziele, wie wir es gemeinsam geübt haben! Bleibt am Ball! Große Erfolge erreicht man durch kleine Schritte!

An die Ausbilder gerichtet: Glaubt nicht alles, was Ihr seht! Gezeigtes Verhalten verführt uns viel zu oft zu Fehlinterpretationen! Sprecht miteinander! Formuliert Erwartungen und teilt sie mit! Gebt Euren Azubis einen Handlungsrahmen und lasst Freiräume bei der Planung und Umsetzung! Erinnert Euch immer daran: Das Wesen der Ausbildung ist das Lernen! Eine gute Vorbereitung der Praxisphase, eine menschenzugewandte Haltung und Basiskompetenzen in Methodik, Kommunikation und Führung sind die idealen Zutaten, damit alle Beteiligten einen Nutzen von der Ausbildung haben!

Wenn Sie einen Wunsch hätten: Was würden Sie sich für die duale Berufsausbildung, oder für Azubis, oder für Ausbilder wünschen?

Da äußere ich gleich mehrere Wünsche, weil jede Gruppe besondere Bedarfe hat:

  • Für Ausbildungsbeauftragte (also diejenigen, die neben ihrer täglichen Arbeit oft ehrenamtlich die Ausbildung am Lernort Praxis umsetzen): Weiterbildungs- und Austauschmöglichkeiten, um der Doppelrolle gerecht zu werden und um sich selbst motiviert zu halten
  • Für Azubis: Standardtrainings zur Förderung von Methoden-, Sozial- und Persönlichkeitskompetenz und die Zeit für individuelle Ziel-, Reflexions- und Perspektivgespräche
  • Für Ausbildungverantwortliche: Deutliches Statement zum Nutzen der Ausbildung, damit Ausbildung auch zur GF-Sache wird sowie das Selbstbewusstsein, notwendige Zeiten für wichtige Gespräche (mit Ausbildungsbeauftragten, mit Azubis, mit Kollegen zwecks kollegialer Fallberatung, etc.) zu blocken; Flexibilität für individuelle Bildungspfade und Abkehr von starren Kennziffern in Bezug auf die Einstellkontingente
  • Für das duale Ausbildungssystem: Aufbrechen starrer Systemgrenzen, damit Durchlässigkeit auch tatsächlich erfolgen kann

Das Interview führte Stefanie Lenze.


Leseempfehlungen

Für Auszubildende hat Karin Döring bereits an mehreren Ratgeberbeiträgen mitgewirkt. Diese finden Sie im Ausbildungsblog www.chemie-azubi.de (im Suchfeld „Döring“ eingeben)

Wer mehr über die Trainerin erfahren möchte, findet Informationen auf ihrer Homepage